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Licht und Schatten (2)


Fall(rohr)studie

Vom Sterben der Schönheit

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Spät, aber nicht zu spät habe ich davon erfahren, daß der 75. Geburtstag des Doku­mentarfilmers Dieter Wieland im Fernsehen durchaus gebührend gewürdigt wird: Auf BR-alpha wird derzeit von Montag bis Freitag allabendlich um 23:00 Uhr einer sei­ner elegisch-melancholischen Architekturfilme ausgestrahlt, die den sensiblen Be­trachter traurig stimmen ob des schier unermeßlichen Verlustes an Schönheit, den unser Land und unsere Gemeinden erst in den letzten Jahrzehnten erlitten haben. Hinschauen schmerzt, ist aber dennoch (oder gerade deshalb) uneingeschränkt zu empfehlen!

1000 Gründe, Fürth zu lieben (71)

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Der Fürther Rathausturm aus ungewohnter Perspektive
 
Der Fürther Rathausturm aus ungewohnter Perspektive
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Die Verkehrsinsel (1)

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Zwei Jahre nach seinem Urlaub auf der »Schatzinsel« zog es den zonebattler und seine bessere Hälfte heuer erneut auf ein sagenumwobenes Eiland: Malta war dies­mal unser meeresumspültes Expeditionsziel. Zweieinhalb Wochen lang erforschten wir den mediterranen Insel­staat zwischen Sizilien und Afrika, und wie die über­einandergelegten GPS-Tracker-Daten zeigen, machten wir dabei auch einen kleinen Abstecher nach Gozo, der zweiten, deutlich kleineren (und ruhigeren) Hauptinsel des Archipels. Warum ich die mehr­teilige Berichterstattung mit »Die Verkehrsinsel« überschreibe, wird später deutlich werden, wenn ich unsere schier unglaublichen Erfahrungen mit dem öffentlichen Nahverkehr dort in epischer Breite auswalze…

Malta im Luftbild von Google Earth mit unseren zurückgelegten Wegen

Nach knapp drei Wochen Urlaub da drunten gibt es ziemlich viel zu erzählen und auch manches im Bilde vorzuzeigen, allein wie Struktur hineinbringen und am besten anfangen? Starten wir doch einfach mal mit ein paar Spezialitäten und Wunder­lichkeiten, die uns mehrfach und immer wieder, ja nachgerade ständig unter die Augen und vor die Füße gekommen sind. Zuvörderst ist das das bauliche Erbe der über 150-jährigen britischen Kolonialherrschaft: Die maltesiche Stadtarchitektur im georgianischen Stil ist trotz aller neuzeitlichen Kahlschläge zugunsten dubioser Appartement-Häuser oder gesichtsloser Hotel-Türme immer noch flächig präsent, und mit ihr die aus England bekannte Vielfalt an bunten Türen mit (mehr oder weniger) noblen Knäufen und Klopfern dran:

Türknäufe und -klopfer in allen Formen und Farben

Nicht immer halten übrigens die um den polierten Türknauf herum gebauten Häuser, was die gepflegten Beschläge versprechen: So manches der nicht immer in Würde gealterten Gebäude wäre mit dem englischen Euphemismus »has seen better days« nur unzureichend beschrieben. Drum eben nicht die ganze Hütte gezeigt, sondern voll fett auf die Mitte der Haustür gezoomt, und schon ist die Welt – zumindest bildlich gesprochen – wieder in Ordnung…

Ohnehin unsichtbar ist dagegen die moderne Kommunikations-Infrastruktur in Form kostenloser und frei zugänglicher WLAN-Hotspots, im englischen Sprachraum Wi-Fi geheißen. In den touristisch geprägten Gegenden Maltas findet man alle paar Meter ein Lokal, eine Bar oder einen der global omnipräsenten Buletten-Brater, bei dem man sich zur gleichzeitigen Stillung von Kalorien- und Nachrichtenhunger temporär niederlassen kann. Die hierzulande gefürchtete und stets als Damoklesschwert über dem leichtsinnigen Routerbesitzer schwebende Betreiberhaftung ist im EU-Mitglieds­staat Malta offenbar (noch?) kein Thema:

Praktisch und hilfreich: freies WLAN für alle

Wir machten von dem virtuellen Komfort reichlich Gebrauch, indem wir mit dem Smart­phone fast täglich die eingegangenen Mails checkten, vor allem aber, um uns für den Leseabend im Hotelbett mit aktuellem Material zu versorgen: Daheim in der Heimat warf Freund Lexikaliker täglich »calibre« an, um uns die aktuellen News­feeds von FAZ.NET, Süddeutsche.de, ZEIT ONLINE und noch ein paar anderen gern aufgesaugten Quellen fein formatiert über den Äther auf mein stets mitgeführtes Lesebrettchen zu beamen. Tagsüber auf den Beinen und in der Fremde Neues zu entdecken, abends aktuellen Input aus der Heimat zu studieren, diese Mischung aus Fuß- und Kopfarbeit lernten wir zu schätzen…

Schätzen tut der zonebattler bekanntlich auch seine motorisierte Rennsemmel, und so war er hocherfreut, vierrädrige Cousins seines eigenen Vehikels (außerhalb des deutschen Marktes »Subaru Sambar« genannt) an allen Ecken und Enden der Insel herumflitzen (oder herumstehen) zu sehen:

Praktisch und beliebt: Subaru-Rennsemmeln in allen Varianten

Überhaupt finden sich auf Malta viele japanische Autos, die ausweislich diverser Aufkleber mit fernöstlichen Schriftzeichen offenkundig als Gebrauchtfahrzeuge nach Europa importiert worden sind. Da eine heimische Nachfrage nach bereits benutzten Fahrzeugen in Japan aus kulturellen Gründen kaum existiert, floriert der Verkauf nach Übersee in Regionen mit Linksverkehr und Rechtslenkung (wozu aus Gründen des britischen Erbes eben auch Malta gehört). Der Libero/Sambar ist jedenfalls der ideale Kleintransporter für die zuweilen engen Gassen und holperigen Straßen Maltas!

Weniger nachvollziehbar als die Liebe zu knuffigen Töff-Töffs ist der Hang malte­sischer Baller-Männer zum Schießen auf alles, was Flügel hat und flattert. Jenseits der menschlichen Siedlungen stehen in der idyllischen Landschaft alle paar Meter provisorische und ziemlich schäbige Unterstände herum, und auch außerhalb der offiziellen Jagdsaison kann man dort die Spuren des für Vögel jeder Art und Größe töd­lichen Getues schwerlich übersehen:

leere Schrotpatronen künden vom jähen Vogeltod

Für den gemeinen Malteken scheint das Pulverisieren von beweglichen Luftzielen nicht minder erregend zu sein als für die Spanier der Stierkampf. Ganze Populationen zwitschernder Luftikusse werden da weitgehend ausgerottet, für Zugvögel ist das Eiland mitten im Mittelmeer ja ein kaum zu vermeidender Zwischenstopp. Verwegene Tiefflieger könnten mit schneidigem Kurven in Bodennähe sicherlich dazu beitragen, daß sich die wilde Jägerschar durch friendly fire selbst dezimiert, so viele von denen sind da zugange mit dem Finger am Abzug ihrer Flinte…

So wie der Angler seine Lieblingsgewässer hat (und dort seiner Leidenschaft zumin­dest lautlos, wenngleich für seine Opfer nicht minder tödlich nachgeht), so scheint auch der Schrotschütze seine bevorzugten Reviere zu haben. Die Reiseführer behaupten jedenfalls frohgemut, daß die in der freien Wildbahn allerorten anzu­treffenden Warn- und Verbotsschilder nicht auf den arglosen Wanderer gemünzt seien, sondern eher auf die (mehr oder weniger waidmännisch agierende) Konkurrenz mit Schießgewehr:

Wanderer, bleib' auf Deinem Wege...

Wir haben das freilich nicht verifiziert und blieben stets diesseits der typographisch kruden Drohgebärden, es gab ja schließlich auch so genügend ungefährliche Möglich­keiten, das Land per pedes zu bestreifen.

Nun gut, nach diesen etwas befremdlich anmutenden Aspekten lokaler Sitten, Riten und Gebräuche wollen wir uns dann aber doch endlich und intensiv den Schönheiten der Inselgruppe zuwenden, und derer gibt es wirklich viele: Die Landschaft ist grandios, die kulturellen Zeugnisse vergangener Epochen sind es nicht minder, die Einheimischen freundlich, nahbar und umgänglich (jedenfalls die ohne Feuerbüchse im Anschlag). In der nächsten Folge spulen wir in Kürze noch einmal zurück und setzen mit der Air Berlin zum Landeanflug an auf den Staat mit der nominell größten Bevölkerungsdichte unseres Planeten!

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Die Verkehrsinsel (2)

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Kaum mehr als zwei Stunden nach dem Start im vernieselregneten Nürnberg setzten wir zur (dann windböenbedingt etwas rumpelig geratenden) Landung auf dem Flug­hafen von Malta an. Zwar waren wir mental längst darauf eingestellt, in ein ziemlich dicht besiedeltes Land einzuschweben, dennoch waren wir vom ungewohnten Anblick der monochromen Häusermassen einigermaßen überrascht und fasziniert:

im Anflug auf Malta

Während des Bustransfers zu unserem an der nördlichen Strandpromenade von Sliema gelegenen Hotel kamen wir aus dem Staunen nicht heraus: Überall brummte und wuselte es, so daß man gar nicht wußte, wo man nun zuerst hingucken sollte. Emsiges Treiben allerorten, wie in einem Bienenstock!

Gleich nach der Inbesitz­nahme der temporären Bleibe und dem Verstauen der mit­gebrachten Habseligkeiten und Ausrüstungsgegenstände erkundeten wir die nähere Umgebung unseres Stützpunktes und fanden jenseits der belebten Uferpromenade recht schnell in entspannungsreiche Gefilde…

Dösender

Man sieht: Es muß nicht immer Sandstrand sein! Auch auf nacktem Fels ist gut ruhn, zumal wenn der sonnenbeschienen und infolgedessen angenehm aufgewärmt ist…

Der Spaziergang an der steinigen Kante zum gelegentlich dezent herüberschwap­penden Mittelmeer war äußerst spannend: natürliche und von Menschenhand erzeugte Becken bargen allerlei Geheimnisse, Fischlein hier, Krabben dort, unsereins kann sich ja in Kleinigkeiten endlos verlieren. Aber natürlich auch in »Großigkeiten«: Als wir am Abend endlich an Sliemas südlicher Hafenpromenade angelangt waren, zeigte sich uns die gegenüberliegende Hauptstadt Valletta im Licht der tiefstehenden Sonne von ihrer vorteilhaftesten Seite:

Blick auf Valletta mit der Kuppel der Karmeliterkirche und dem Turm der St. Paul's Pro-Cathedral

Der imposante Anblich blieb nicht der einzige: Kirchen größeren Kalibers findet man auf Malta faktisch allerorten, also wirklich in jedem Kaff. Mehr als 98% der Einwohner sind katholisch, mithin ist barocker Prunk und Pracht im Inneren von Sakralbauten die Regel, selbst wenn sich manches Gottes­haus nach außen eher unspektakulär gibt.

Ansonsten erschien uns das Häusermeer zuweilen rätselhaft inhomogen: Zahlreiche Bauten (neuere ebenso wie betagte) stehen leer, man fragt sich mitunter, wo wohl die Einheimischen wohnen. Nie vollendete Hochhäuser und zum Verkauf stehende Appartement-Blöcke scheinen die Anzeichen eines Baubooms (wenn nicht gar einer großen Spekulationsblase) am tatsächlichen Bedarf vorbei zu sein. An etlichen Stel­len mußten ganz offensichtlich historische Altbauhäuser einem »Fortschritt« weichen, der letztlich Illusion geblieben ist. Des zonebattler’s konservatorisch pochendes Herz blutet bei solchen Anblicken, sein auf Ästhetik und Schönheit sinnendes Auge hält sich dann zum Ausgleich an den Resten und Details vergangener Grandezza fest:

Detail eines alten Balkongeländers

Tröstlich immerhin, daß aufgrund der flächendeckenden Verwendung des heimischen Kalksandsteins und dessen relativ rasch fortschreitender Erosion durch salzhaltige Meeresluft alte und neue Bausubstanz sich in der Anmutung rasch annähern: Bei mancher »alten Villa« ist man verblüfft, eine eingehauene Jahreszahl zu erspähen, die gerade mal drei Dekaden zurückliegt…

Nach einigen Tagen indes verschwimmen solche vom eigenen Erfahrungshorizont geprägten Gedanken und Urteile, und man beginnt, sich der unbekümmert lässigen Lebensart der Malteken anzunähern. Die Hektik des Verkehrs und der Trubel in den Städten trügen: Die Menschen sind entspannt und gelassen (und müssen das wohl auch sein, um die das ganze Jahr über ihr Land flutenden Touristenmassen mit Fassung zu ertragen). Was soll man sich um Denkmalschutz Gedanken machen, wo doch seit der Jungsteinzeit hier ein Kommen und Gehen herrscht und aus allen Epochen immer noch weit mehr übriggeblieben ist als irgendwo sonst? Eben.

Angler am Abend, erfrischend und labend...

Übrigens nagen nicht nur neuzeitliche Bagger an den überlieferten Bauten: In den frü­hen 1940er Jahren bemühte sich neben der italienischen insbesondere die deutsche Luftwaffe höchst effizient um die Nivellierung der vorhandenen Architektur. Die Achsenmächte vermochten Englands »unversenkbaren Flugzeugträger« freilich nicht unterzukriegen, der seinserseits den italienischen Expeditionstruppen und Rommels Afrika-Korps in Nordafrika das Leben schwer machte. Die Narben des Krieges schei­nen heute oberflächlich verheilt, die Erinnerung an die schwere Zeit wird aber durch das Georgs-Kreuz in der Nationalflagge wachgehalten.

Überhaupt sind die Spuren der Geschichte überall präsent: Neben riesigen Festungen und Bastionen aus der großen Zeit des Malteser-Ordens vor rund 500 Jahren prägen die Hinterlassenschaften der gut 150-jährigen englische Kolonialzeit (ab 1800) das Erscheinungsbild Maltas: Uniforme Reihenhäuser im georgianischen Stil säumen die Straßen vieler Viertel, Englisch ist eine von zwei offiziellen Amtssprachen, es wird links gefahren und gelaufen, und immer noch stehen reichlich rote Briefkästen und Telefonzellen Ihrer Majestät in Stadt und Land herum…

rotes Relikt aus royalistischen Zeiten

Telefonieren tut in und aus den roten Zellen heutzutage freilich kaum noch jemand: Auch auf Malta hat längst jedermann (und jede Frau) ein Handy einstecken.

Die Überbleibsel konfliktreicherer Zeiten dienen heute vor allem der Erbauung der Touristen: Zur Mittagsstunde wird Salut geschossen, allerlei historischer Mummen­schanz getrieben und auch sonst einiges getan, was die Kameras klicken läßt und die Geldbörsen Ihrer Besitzer öffnet. So bleiben alle unversehrt und sind zufrieden.

Salutkanonen am Upper Barrakka Garden von Valletta

Am Umgang mit obsoletem Kriegsgerät wird das pragmatische Naturell der Malteken deutlich: Ein paar Kanonen werden zur Dekoration aufbewahrt, gepflegt und vorge­zeigt, der Rest wurde mit der Mündung nach unten an den Piers der Häfen einge­buddelt und dient dort als Poller zum Festmachen von Tauen oder zum Fernhalten unerwünschter Automobile. Leider funktionert das mit dem Recycling beim modernen Wohlstandsmüll noch nicht so gut, wir werden darauf später noch zurückkommen…

Bei der großen Menge der gebotenen Sehenswürdigkeiten und Sinneseindrücke ist man irgendwann geistig gesättigt und kommt nicht umhin, sich irgendwo ein schönes Plätzchen zu suchen, um sich dort niederzulassen und das Erlebte nochmals vor dem geistigen Auge Revue passieren zu lassen:

Ein Platz an der Sonne

Auch der Berichterstatter macht jetzt Pause und denkt derweil schon mal über die nächste Folge nach. Die wird sich wie schon angekündigt mit dem öffentlichen Nahverkehr auf Malta beschäftigen und die an zentraleuropäische Zustände gewöhnte (und damit verwöhnte) Leserschaft einigermaßen verblüffen…

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Standesdünkel

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Über die alljährlich am letzten Juni-Wochenende stattfindenden »Architektouren« der Bayerischen Architektenkammer habe ich hier, da und dort schon geschrieben. Auch heuer wieder gibt es in und um Fürth einige interessante Bauwerke zu besich­tigen. Diesmal konnte ich mir ein wohlmeinendes Feedback an die Adresse des Aus­richters nicht verkneifen:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
ich besuche alljährlich die »Architektouren« und bestelle bei Ihnen das Booklet, informiere mich aber auch auf Ihrer Homepage über die zur Besichtigung stehen­den Objekte. Dabei fällt mir jedes Jahr aufs Neue auf, daß Ihre Website zwar sehr klar aufgebaut und strukturiert ist (was ich bei der Architektenkammer auch nicht anders erwarten würde), daß andererseits aber die technische Qualität der gezeigten Fotos sehr zu wünschen übrig läßt: Ganz offensichtlich werden die im Original einwandfreien Bilder durch Einsatz eines schlechten Programmes oder eines ungeeigneten Algorithmus’ auf denkbar ungeeignete Weise verkleinert!
 
Moiree-Linien bei strukturierten Oberflächen, »Sägezähne« bei schrägen Kanten, gestauchte Perspektiven und andere typische Bildfehler weisen ganz unzweifel­haft auf handwerkliche Fehler bei der Skalierung der Abbildungen hin, es ist mir absolut rätselhaft, daß das keinem der Verantwortlichen auffällt! Denn es sind beileibe keine Einzelfälle, von denen ich hier spreche, es geht quer durch fast alle gezeigten Abbildungen.
 
Es ist jedenfalls kein Kunststück, Fotos maßstäblich zu verkleinern, ohne die genannten Qualitätsverluste zu provozieren. Das geht mit so gut wie jedem gängigen Bildbearbeitungsprogramm, auch im automatischen Batch-Betrieb. Ich würde mir wünschen, daß Sie – nicht zuletzt auch im Interesse der eigenen Repu­tation – hier zukünftig ein kritisches Augenmerk darauf legen würden und jeman­den mit einschlägiger Erfahrung und vernünftigen Werkzeugen an Ihrer Website »basteln« lassen…
 
Danke für die Aufmerksamkeit und beste Grüße,
zonebattler

 
1x dürfen meine geschätzten LeserInnen nun raten, was ich daraufhin als Reaktion zurückbekam? Genau, nichts. Das kann natürlich daran liegen, daß meine Mail den Zu­ständigen erst über x Ecken (oder auch gar nicht) erreichte und noch ihrer Kenntnis­nahme und Beantwortung harrt. Für weit wahrscheinlicher halte ich es freilich, daß man meine Vorschläge schon deshalb keiner Antwort wert erachtet, weil ich ja nur ein kleiner zonebattler bin und kein Angehöriger der Architektenzunft. Da könnte ja jeder kommen! Im Grunde habe ich aber nichts anderes erwartet, ich habe ja schon an anderer Stelle Ähnliches erlebt.

Meiner einer weiß als Dienstleister unverlangtes Feedback dagegen sehr zu schätzen, zeigt es doch womöglich Verbesserungspotentiale, auf die man aufgrund der eigenen Betriebsblindheit selbst nimmermehr verfallen wäre! Na ja, vielleicht verkauft mal ein Unternehmensberater der Architektenkammer die gleiche Botschaft für teuer Geld, dann werden solche Vorschläge auch eher angenommen und umgesetzt. Mir bleibt die Genugtuung, daß Hochmut nicht vor Torheit schützt…

Denkmalschutz nach Investorenart?


Farbe bekennen (2)

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Wie meine Fürther Leserinnen und Leser vermutlich allesamt längst wissen, soll in der Innenstadt unter dem abgegriffenen Titel »Neue Mitte« ein Einkaufszentrum enstehen, dem allerlei alte Gebäude, insbesondere aber das markante Park-Hotel und dessen denkmalgeschützter Fest-Saal zum Opfer fallen sollen. Übrigens ohne daß damit ein nennenswert anderes (oder gar besseres) Waren-Angebot in die Stadt käme als schon vorhanden ist: Im wesentlichen werden nämlich die bereits präsenten Filialisten in die neue Immobilie ziehen (und ihre bisherigen Standorte im Fürther Stadtzentrum als verwaiste Leerstände hinterlassen).

Das Hin und Her um die Planungen, die Investorenauswahl und die mitunter merk­würdi­gen Begleitumstände sind an diversen Stellen dokumentiert, beispielsweise auf der Homepage der Bürgerinititative »Eine bessere Mitte für Fürth«, der Website des Vereins »Wir sind Fürth«, aber auch in der Rubrik »Häuserkampf« des von mir herausgegebenen und betriebenen Bürger-Blogs »Fürther Freiheit«. Wer sich dort einliest und kundig macht, wird ein Delta entdecken zwischen der von der Stadt versprochenen Transparenz und Bürgerbeteiligung einerseits und den tatsächlichen Abläufen und Entscheidungen andererseits…

Als überzeugter Wahlbürger der Stadt Fürth, der vor 33 Jahren hier seine Ausbildung begonnen hat und seit fast 14 Jahren hier lebt, bin ich der Meinung, daß man nicht nur den heute allseits bedauerten Abrißsünden der Vergangenheit hinterherweinen darf, sondern auch verhindern muß, daß eine kurzsichtige Politik neue Sünden begeht und weitere restaurationsfähige Altbausubstanz den Investorenwünschen opfert. ich mache daher auf die von Stadtheimatpfleger Dr. Alexander Mayer initiierte Online-Petition »Kein Abbruch des historischen Festsaals in Fürth (Bayern)« auf­merk­sam und rufe bitte, diese zu unterzeichnen. Es geht dabei wohlgemerkt nicht um das Verhindern von längst überfälligen infrastrukturellen Verbesserungen, sondern um das Erhalten und Reparieren von Alleinstellungsmerkmalen, um die man uns ringsherum be­nei­den würde: Ein neues Einkaufszentrum in und um einem im alten Glanz er­strah­len­den Festsaal mit Markthallen-Funktion, das ist das Pfund, mit dem Fürth wuchern könnte. Langweilige 08/15-Kommerzbauten gibt’s nebenan in Erlangen und Nürnberg schon mehr als genug!

Die Verkehrsinsel (10)

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Die Insel Gozo wollten wir uns primär per pedes erwandern, da traf es sich gut, daß das Frühstücks-Bufett im Grand Hotel zum Davonlaufen war. Also eigentlich nicht die dargebotenen Speisen, sondern vielmehr die immer gleiche Musikberieselung, die aus einem schwer erträglichen Mittelalter-Medley aus den 1970er Jahren bestand: Neben Abba-Evergreens (»Suuupaaaa Truuupaaa«) erodierten besonders die James-Last-Arrange­ments deutscher (!) Volkslieder unsere Hörnerven. Das britische Pub­li­kum indes nahm diese späte Rache des ehemaligen Kriegsgegners erstaunlich gleich­mütig, ja nachgerade stoisch hin. Womöglich haben die Engländer die easy-listening-Varianten von »Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus« und anderen germa­ni­schen Schenkelklopfern aber auch gar nicht erkannt…

Apropos erodieren: Die Erosion ist bekanntermaßen ein immer wiederkehrendes Motiv auf dem maltesichen Archipel, ich hatte letztes Jahr schon darüber ge­schrie­ben und werde auch diesmal mehrfach darauf rekurrieren. Weil den Maltesern und Gozitanern die Häuser von Wind und Wetter sozusagen unter dem Hintern weg­pulveri­siert werden, herrscht stete Nachfrage nach neuen Sandsteinen, wie sie in zahl­rei­chen Steinbrüchen im Wortsinne aus dem Vollen gesägt [1] werden:

Steinsäge in einem Steinbruch

Trotz sorgfältigen Sägens scheint es gleichwohl jede Menge Bruch zu geben, denn die Straßen, Felder und Äcker sind gesäumt von Steinen, die aus irgendwelchen Gründen nicht verbaut worden sind. Mitunter meint man, ein zorniges Riesenbaby habe seine LEGO-Kiste ausgeschüttet und den Inhalt über die Landschaft verstreut…

Die unversehrten Steine türmt man gerne auch himmelwärts zur Ehre Gottes auf, wie das Exempel der Pfarrkirche von Għajnsielem zeigt:

Die Pfarrkirche von Għajnsielem

Doch auch mit Gottes Segen wird sein Haus nicht so lange halten wie die bis heute erhaltenen Tempelanlagen aus der Jungsteinzeit, denn der Zahn der Zeit nagt schneller an dem weichen Material, als den jeweiligen Besitzern recht sein kann. Mitunter sieht das Zerstörungswerk der Elemente dabei sogar recht dekorativ aus:

stark verwitterte und erodierte Hausfassade

Körbe- bzw. speicherkartenweise könne ich hier Fotos von interessanten Mauern ausbreiten, von neuen und alten und solchen, bei denen die Datierung schwerfällt: Was heute in Remineszenz an den georgianischen Stil erbaut wird und noch gleißend gelb in der Sonne leuchtet, sieht wenige Jahre später oft schon aus wie aus dem 19. Jahrhundert überkommen…

Niemand scheint sich indes an dem eigentlich zu weichen Baumaterial zu stören, es hält ja immerhin auch die Baukonjunktur am Laufen, jedenfalls bis zur Erschöpfung der natürlichen Lagerstätten. Hier noch ein nettes Beispiel für das kreative Spiel mit Sandstein-Bauklötzen:

zugemauerte Türöffnung

Doch vorerst genug erzählt von des Menschen Wirken, jetzt schauen wir uns endlich in der Natur um. Von unserem hafennahen Stand- und Wohnort aus machten wir uns zunächst zu Fuß auf und erkundeten die Küstenlinie in der näheren Umgebung. Aber auch da begegnet man natürlich auf Schritt und Tritt der Erosion:

erodierender Sandstein an der Küste Gozos

Während sich daheim in Deutschland ein rechtes Frühlingswetter partout nicht ein­stell­en wollte, genossen wir in den ersten Tagen unseres Urlaubs auf den malte­sischen Inseln reichlich Sonnenschein, weswegen wir uns an allen exponierten Hautpartien gut mit Sonnenmilch präparierten und die Köpfe mit Tüchern gegen Hitz­schlag schützten. Man holt sich sonst leicht einen schweren Sonnenbrand und be­merkt das erstmal gar nicht, denn in Meeresnähe weht ja fast immer ein kühlen­des Lüftchen…

Wind und Sonne machen sich die Menschen hier übrigens seit jeher zunutze, um dem Meer sein Salz abzutrotzen: Noch heute finden sich überall ganze Netze an künstlich angelegten Bassins, in die das Meerwasser zur Verdunstung geleitet wurde. Auch wenn heute viele Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr betrieben werden, so sind sie immer noch gut erhalten vorhanden und schön anzuschauen. Wir haben ein Kilo feinsten Meersalzes selber händisch schöpfen und später als wohl­schmecken­des Souvenir mit nach Hause nehmen können:

Salzgewinnung in einer stillgelegten Verdunstungsanlage

Der Trick dabei war, nicht nach dem trockenen, bereits auskristallisierten Salz zu schielen (welches man wohl mühsam bergmännisch mit Hammer und Meißel abbauen müßte), sondern die noch feuchte, gesättigte Sole zu bergen, die sich sehr leicht auf­nehmen ließ und die nach dem Abtropfen der noch flüssigen Salzlösung im Hand­umdrehen zu einer Handvoll reinsten Meersalzes wurde. Natürlich kann man sich sowas auch abgepackt kaufen, aber selbstgefangenes Salinensalz schmeckt nochmal so gut!

So, nachdem wir das Salz für die Suppe eingesammelt und in einer dichten Plastikbox sicher verstaut hatten, wandten wir uns irgendwann landeinwärts und erfreuten uns an der üppigen Vegetation des gozitanischen Frühlings:

bunter Frühling auf Gozo

So bunt und blütenreich geht es hier freilich wirklich nur im Frühling zu: Im Sommer brennt die Sonne unbarmherzig auf die Inseln hernieder und läßt die steinige Land­schaft um einiges karger erscheinen. Wer Malta und Gozo bereisen und sich an der Flora ergötzen will, tut das am besten von April bis Juni, auch wenn die mittel­meeri­schen Wassertemperaturen dann noch nicht wirklich zum Bade laden…

Aber auch ohne den Drang zum Eintauchen in das noch etwas kühle Naß zog es uns immer wieder dorthin, wo die Wellen an die Gestade schlagen, sich allerlei Getier beobachten läßt (und leider auch mancherlei menschengemachter Müll). Sehr in­ter­es­sant sind überdies die zahlreichen wuchtigen Beobachtungstürme, die schon vor Jahr­hun­der­ten – zur Blütezeit des Malteserordens – errichtet worden sind, um etwaige Inva­soren rechtzeitig ausmachen zu können:

Der Dwejra Tower

Der im Bild gezeigte Dwejra Tower in der Nähe des berühmten Azure Window lohnt schon der grandiosen Aussicht halber die Besteigung, vorzugsweise dann, wenn sich gerade keine Schulklasse schnatternder Mädchen durch das Gebäude kichert…

Soviel für heute; Fortsetzung folgt !

 
[1] Recht eigentlich müßte man diese Abbaustätten eher als Steingesägen denn als Steinbrüche bezeichnen, denn die Quader werden ja eben nicht aus dem gelben Gestein gebro­chen, sondern gesägt. Man vergleiche dazu meine überaus stringente Argumentation in Sachen Zug/Schub.

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Einzigartigkeit

Die Verkehrsinsel (11)

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Schon letztes Jahr staunten wir ja über die zahlreichen Kirchen, die über den erz­katho­lischen Inselstaat verstreut sein Landschaftsbild nachhaltig prägen. Eines der eindrucksvollsten Exemplare ist die Johannes dem Täufer geweihte Kuppelkirche von Xewkija, die wir hier aus einiger Entfernung alles andere überragen sehen:

Die große Kuppelkirche von Xewkija

Leider eignen sich diese weithin sichtbaren Landmarken nur bedingt zur Orien­tie­rung: Es gibt ihrer so viele, daß man seinen gottgefälligen Weg vor lauter Kirchen kaum sieht, ähnlich wie es sich im Sprichwort mit dem Wald und den Bäumen ver­hält. Wälder freilich gibt es auf Gozo nicht und in Malta nur einen dreiviertelten, insofern ist die enorme Packungsdichte von Gotteshäusern wohl durchaus als Aus­gleichs­maß­nahme zu werten…

Tags drauf haben wir uns dann die Church Of St John The Baptist nicht nur aus der Nähe, sondern auch von innen angesehen. Aus dem heimischen Sandstein gebaut, ist sie natürlich von entsprechender Farbgebung:

Innenansicht der Kirche von Xewkija

Neobarocke Architektur und quietschbunt manieristische Innenausstattung gehen Hand in Hand, was allerdings selten zu sehen ist, sind angemessen dimensionierte Orgeln. Tatsächlich findet man sogar in den größeren Kirchen oft gar keine »richtige« Orgel auf der Empore, sondern nur ambulant aufgeständerte Yamaha-Keyboards mit angeschlossenen Party-Beschallungs-Boxen. Verwunderlich, aber vermutlich auf eine nicht vorhandene heimische Orgelbau-Tradition zurückzuführen. Schade, Resonanz­raum und Volumen für die größten Baßpfeifen wäre vorhanden!

Jetzt aber wieder hinaus aus der weihrauchschwangeren Sakralatmosphäre an die frische (Meeres-)Luft, wo der Geruch des Meeres und der Blick in die Ferne zum Absprung in die Tiefe locken:

Sprungbrett in den Abgrund

Na ja, letztlich entsann ich mich dann doch des Umstandes, keine Flügel zu haben. Aber auch mit solchen hätte ich mich fürchten müssen: Hier am südlichsten Zipfel Gozos kam uns nämlich einer jener Ballermänner kurz ins Blickfeld, von deren (Un-)Taten wir ansonsten den ganzen Tag über ständig was zu hören bekamen:

Jäger mit Jagdhund

Einerseits katholisch sein und sonntags die Schöpfung lobpreisen, anderseits aber Teile derselben nach Kräften auszurotten, derlei Bigotterie ist nach wie vor bizarrer Alltag auf Gozo und Malta. Und dann laufen die Pistoleros resp. Flintoleros auch noch martialisch getarnt im Gelände herum, als ginge es darum, sich im Guerilla-Kampf einer Invasion übermächtiger Feinde zu erwehren. Man sollte die Piff-Paff-Puffis in einem abgegrenzten Gelände (gerne mit Tribünen drumherum) zusammenpferchen und sich gegenseitig abschießen lassen, daß hätte zumindest noch einen gewissen sportlichen Charakter…

Es braucht vermutlich noch Jahrzehnte, bis der kollektive Inselkoller soweit abgeflaut ist, daß Zugvögel auf der Route zwischen Europa und Afrika nicht mehr bei der Zwischenlandung um ihr Leben fürchten müssen. Womöglich liegt die Schießfreude der Gozitaner und Maltesen ja im militärischen Erbe begründet, dessen steinerne Zeugnisse (ähnlich wie die Kirchen) noch überall herumstehen und weithin zu er­spähen sind:

alter Wachturm an der Südküste Gozos

Themenwechsel: Wenn man den ganzen Tag auf den Beinen gewesen und eine zwei­stellige Anzahl von Kilometern durch die Landschaft getrottet ist, dann freut man sich in den Abendstunden auf einen barrierefreien Spaziergang durch die Dörfer und Städtchen und hofft auf eine zum Naturerlebnis kontrastierende Auswahl an pitto­resken Fotomotiven. Meiner einer ist ja nicht schnell genug (weder von der inneren Einstellung noch von mitgeführten Ausrüstung her) zum Einfangen bewegter Objekte oder Lebewesen, auch neigt der zonebattler in seiner wehmütig-elegischen Grund­disposition ohnehin den melancholischen Motiven zu. Da kommt ein kamera­be­wehrter Tagesausklang im Hauptstädtchen Victoria (alias Rabat) gerade recht:

sommerliche Sonnenschirme, auf schattigem Platze den nächsten Morgen erwartend

Eigentlich müßte man bei sowas eine dicke Spiegelreflex auf das schwere Stativ schrau­ben, die Komposition skrupulös perfektionieren und erst dann genau einmal auf den Auslöser drücken. Meiner einer stellt sich breitbeinig selbst als Stativ vor das Motiv, drückt sich die schwenkdisplaytragende Knipse auf den Gürtel, zieht die Wampe ein und hält die Luft an, bevor er dann ein halbes Dutzend mal abdrückt (und später daheim das am wenigsten verwackelte Foto heraussiebt). Nein, für werbe­plakat­große Abzüge taugt die Vorgehensweise eher nicht, aber ja, ich will im Urlaub möglichst unbeschwert herumkrabbeln und nicht mehr kilogrammweise Fotoapparate mit mir herumschleppen…

So, nachdem wir gerade ein so schönes Rot als Blickfänger benutzt hatten, muß jetzt zur Abwechslung mal was blaues her. Und siehe, nur vier Minuten und wenige Dutzend Schritte später kam mir schon was Schönes vor die Linse:

blauweißes Moped

An diesem – vermutlich gar nicht so alten – Moped läßt sich einmal mehr das prag­ma­ti­sche Verhältnis der Bevölkerung zu Ihren Werkzeugen und Vehikeln illustrieren: Gepflegt wird nix (allenfalls notdürftig repariert, was sonst gar nicht mehr ginge), was abgewirtschaftet ist, wird ersetzt. Die für präventive Instandhaltung nicht investierte Zeit kann anderswie sinnvoll genutzt werden (z.B. zum Schrotschießen).

Aber jetzt will ich nicht länger nölen, ich bin ja schließlich selbst nicht konsequent und lichte einerseits knatternde Stinker ästhetisierend ab, die ich dann andererseits (mitsamt ihren Fahrern) verwünsche, sobald sie bestimmungsgemäßem Gebrauch unterzogen werden. Nochmal acht Minuten und ein paar Meter weiter fand ich zum guten Schluß dieses werbende Paddel eines Reiseveranstalters vor:

Werbepaddel

Von der mittleren Trendsportart hatte ich bis dato noch nie etwas gehört, wiewohl ich im Zivil- wie im Berufsleben schon manche Gelegenheit zum unauffälligen Abseilen ergriffen habe. Da mußte ich mich tatsächlich in der Wikipedia rückversichern, daß es das »Abseiling« tatsächlich als etablierte Bezeichnung gibt. Ein deutsch-englisches Lehnwort-Konstrukt, welches ich natürlich unverzüglich meinem Wortschatz ein­ver­leibt habe. Solch ein schönes Souvenir lobe ich mir: kostet nix, macht nicht dick und fängt keinen Staub.

Aus demselben mache ich mich aber jetzt und vertröste die geneigte Leserschaft auf den nächsten Teil, der etwa im Wochenabstand folgen wird…

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Die Verkehrsinsel (12)

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Mitunter kommt man sich auf Gozo und Malta recht verlassen vor, zumal beim Er­for­schen aufgegebener Gebäude, die es auf beiden Inseln in großer Menge gibt. Hier tappten wir nördlich von Żebbuġ an den Klippen der Qbajjar-Bucht auf ein von wei­tem tadellos in Schuß erscheinendes, an eine kleine Festung erinnerndes Gebäude zu:

aufgegebenes Restaurant an der Qbajjar-Bucht

Was uns da drinnen erwartete, war kein Museum, kein Laden und auch kein Lokal, sondern ein längst aufgelassenes Restaurant mit reichlich Spuren von Verfall und Vandalismus. Ein paar Fotos des traurig heruntergekommenen Zustandes aus dem Inneren des an sich ja prächtigen Gebäudes zeige ich in den Kommentaren zu diesem Beitrag. Hier an der Oberfläche gehen wir lieber rasch weiter, und drehen uns nur nochmal aus einiger Entfernung kurz um, um den an exponierter Lage errichteten Bau nochmal in voller Rest-Schönheit zu bewundern:

aufgegebenes Restaurant an der Qbajjar-Bucht

Die allerorten auffälligen Leerstände und aufgegebenen Häuser haben uns natürlich auf die Hintergründe neugierig gemacht. Die Antworten von befragten Einheimischen und darauf angesprochenen Reiseleitern reichten von schwer begreiflichen Dumm­hei­ten (Bauen auf unsicheren Tonschichten, auf denen die errichteten Bauten dann unter bedrohlicher Rißbildung ins Rutschen kamen und gesperrt werden mußten) bis hin zu den Tücken des lokalen Erbrechtes (Freibeträge nur auf Barvermögen, nicht jedoch auf Immobilienbesitz, so daß viele ungenutzte Häuser aus Steuer­ver­mei­dungs­grün­den lieber dem Staat geschenkt als weitergenutzt werden). Eine Immobilienblase, erbläht aus der Gier renditehungriger Investoren ohne Nachhaltigkeitsstreben, hat hier und da zum Bauen am Bedarf vorbei geführt, wovon wir am Schluß dieser Folge noch ein Exempel sehen werden.

Vorher aber wenden wir uns wieder landeinwärts und schauen uns nach den Menschen und deren besten Freunden um. Hier in dieser Genre-Szene sehen wir eine vor ihrem Haus handarbeitende Oma und ihren vierbeinigen Bewacher:

friedliche Dorfszene zur Mittagszeit

Wobei »Bewacher« eine recht euphemistische Zuschreibung ist: Wenn ich die 25 Aufnahmen, die ich von der alten Frau und Ihrem faltigen Gesellen gemacht habe, nach Art eines virtuellen Daumenkinos an meinem Monitor durchblättere, dann be­wegt sich die wettergegerbte Großmutter da um einiges mehr als ihr träges, quasi zur Salzsäule erstarrtes Hundchen. Vermutlich hätte ich sogar Oma samt Spitzen­klöp­pe­lei unter den Augen des alten Kameraden einsacken und forttragen können, bevor der überhaupt reagiert, geschweige denn »Wuff« gesagt hätte…

Weit weniger gemütlich aufgelegt waren diese beiden Kerle hier, die immerhin keine fliegenden Hunde waren und sich daher auch nicht wirklich von ihrer hohen Haus­mauer herunter trauten:

kläffende Köter

So furchterregend die kläffenden Köter auf den ersten Blick auch waren, im Grunde waren sie arme Schweine. Die Landbevölkerung – und das ist keineswegs nur auf Malta so – pflegt zu den ihnen anvertrauten, nichtmenschlichen Geschöpfen ein eher pragmatisches und nicht unbedingt von Empathie getragenes Verhältnis. Man möchte gar nicht wissen, was da so alles hinter den Mauern, Zäunen und Hecken vorgeht…

Immerhin scheint sich ein übergeordneter Gestaltungswille (mutmaßlich der EU-Büro­kratie) langsam auch der Beziehung von Mensch und Tier annehmen zu wollen, wie dieses Schild im Gemeindegebiet von Quala beweist:

Aufforderung zum Aufräumen hündischer Hinterlassenschaften

Angesichts der Lässigkeit, mit der die Insulaner ihre nicht verrottenden Kunststoff-Flaschen und anderen Zivilisationsmüll in die Landschaft werfen, muten Auf­for­de­run­gen zum Einsammeln hündischer Hinterlassenschaften nachgerade rührend an. Aber immerhin, schaden kann es nix, und wenn sich langfristig ein Gefühl für umsichtiges Handeln auf allen Ebenen breitmacht, kann man das ja nur begrüßen…

Begrüßt habe ich auch etwas ganz anderes, nämlich das von mir heißgeliebte, kalte »Mint Cornetto«-Eis, welches ich vor vielen Jahrzehnten in einem früheren Leben im Vereinigten Königreich Ihrer Majestät Elisatbeth II, damals noch unter dem insularen Markennamen »Wall’s« kennengelernt habe. In diesen globalisierten Zeiten weist das aus heimischen Gefilden wohlbekannte Langnese-Logo auf die Zugehörigkeit zum Unilever-Konzern hin, der immerhin den althergebrachten Geschmackspräferenzen Rechnung trägt und die britische Vorliebe zum Pfefferminz-Geschmack auch in den ehemaligen Kolonien hochhält:

grün ist der Pfefferminz, groß des zonebattler's Freude

Das in entlegener Küstenlage erstandene Eis erfreute nicht nur durch sein typisches Minze-Aroma, sondern auch durch seine sehr kusperige Waffeltüte, der offenbar ununterbrochenen Kühlkette sein Dank! Des zonebattler’s bessere Hälfte kann der Minzophilie des Berichterstattenden indes nur wenig abgewinnen und guckte daher lieber aufs Meer hinaus, welches an jenem windigen Tag recht munter an die Gestade schwappte uind die Klippen hinauf zoschte

sich gut behütet an den Naturgewalten erfreuen

Wie schon mehrfach hervorgehoben, wuselt das Heer der ein­hei­mi­schen wie ein­ge­rei­sten Menschen vornehmlich in den Städten herum, die insofern Ameisenhäufen ähneln. Außerhalb der Orte trifft man Zweibeiner regelmäßig nur in gut verträglicher Dosierung an, denn die Touristen sind überwiegend zu faul zum Wandern und die Insel-Bewohner anderweitig beschäftigt. Wer die Natur und die Einsamkeit liebt, kommt also auf Gozo und Malta auf seine Kosten, aller Sticheleien von mir gegen die eine oder andere Unsitte zum Trotze…

Was mich an an eine solche erinnert, die ich ja nochmals aufgreifen wollte, die des augenscheinlich sinnlosen Verschwendens von Geld und Grund zum Zwecke des Errichtens unnötiger und überflüssiger Bauten. Zum Exempel gibt es oberhalb des Hafenstädtchens Mġarr eine ausgedehnte alte Festung, das Fort Chambray. Inner­halb der meterdicken Außenmauern wurde in den letzten Jahren eine luxuriöse Apartment-Anlage mit mondänen Gemeinschafts-Pools errichtet, die auf den arg­lo­sen Besucher eingermaßen gespenstisch wirkt, da so gut wie unbewohnt und von allen guten Geistern verlassen:

gespenstisch leere Apartment-Anlage im Fort Chambray

Wir kamen uns dort vor in einem postapokalyptischen Endzeit-Film: Alle Häuser und Anlagen vom Feinsten, doch allenfalls in jeder zwanzigsten Einheit schien sich Leben zu regen, der Rest stand still und stumm herum, war offenkundig noch nie bezogen und zeigte schon erste Spuren von Verwitterung und Verfall. Sehr eigenartig! Angeblich leisten sich reiche Malteser hier (mit angesichts der Euro-Einführung rasch unterzubringendem Schwarzgeld) ein nobles Ferien-Domizil, welches sie nur wenige Wochen im Jahr bewohnen. Der Haken ist nur: Wer im Geld schwimmt und solchen Luxus haben zu müssen meint, der will auch Schickeria-Leben um und unter sich haben und kein verschlafenes Fischerdorf, an dem der Fährhafen das einzig nennens­werte Stück belebter Infrastruktur ist…

Egal, ein Rätsel mehr, welches einen Inselurlaub wie den unseren ja auch würzt. Damit genug von und mit Gozo, in der nächsten Folge geht es auf die Hauptinsel Maltas hinüber und in der Hauptstadt Valletta weiter!

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Fünf nach zwölf

Die Verkehrsinsel (13)

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Nach zehn im Wortsinne eindrucksvollen Tagen auf Gozo freuten wir uns auf die uns ver­bleibende Urlaubswoche auf der Hauptinsel Maltas. Wir setzten mit der Fähre über und wurden am Terminal bereits von einem persönlichen Chauffeur erwartet [1], der uns schnurstracks nach Valletta brachte und uns dabei aufgrund baubedingter Ein­bahnstraßen-Regelungen eine unfreiwillig-ausgedehnte Stadtrundfahrt durch das arg verwinkelte Labyrinth der engen Straßen und Gassen Vallettas zuteil werden ließ…

Wir boten dem gestreßten Fahrer schließlich an, die letzten paar Meter zu unserer neuen Herberge mit Sack und Pack zu Fuß zurückzulegen, aber eine derartige Ka­pi­tu­la­tion vor den Ver­hältnissen kam für ihn schon aus Gründen der Ehre nicht in Frage. Irgendwann schaffte er es dann schließlich doch, uns direkt vor dem Osborne Hotel abzuliefern.

Unser Zimmer dort war deutlich kleiner als das im Grand Hotel auf Gozo, dafür umso praktischer eingerichtet mit einer Vielzahl an Verstaumöglichkeiten. Es fehlte uns an nichts Relevantem. Also erst mal alles wieder ausgepackt und einsortiert, den kleinen Tagesrucksack geschultert und raus auf die Straße. Wo uns als erstes die Eleganz der Städterinnen auffiel, die sich stylistisch deutlich von der der Touristinnen abhebt:

in den Feierabend enteilende Malteserin

Valletta ist im Grunde wie Fürth: einerseits groß genug, um urbanes Leben zu be­her­ber­gen, andererseits klein genug, um ein überschaubares Kaff zu bleiben. Und überall historische Bausubstanz, womit sie allerdings auf Malta mindestens so sorglos um­zu­ge­hen scheinen wie bei uns in Fürth. Aber die von den Großmeistern des Malteser­ordens zur eindrucksvollen Festung ausgebaute Hauptstadt Maltas bietet noch mehr: italienische Einflüsse sind ebenso zu spüren wie arabische und afrikanische, wobei das mediterrane Flair noch mit einer ordentlichen Prise britischer Kolonial-Ära ge­würzt ist. Diese Mischung ist einigermaßen originell und anderswo nicht anzutreffen.

Finden tut man in so einer Melange Foto-Motive ohne Ende, die meisten Touristen sehen folgerichtigerweise die Stadt nicht primär mit eigenen Augen, sondern als Sucher-Abbild auf dem Display ihres unablässig vor die Augen gehaltenen Smart­phones! Auch der zonebattler hat natürlich oft seine Kamera in Anschlag gebracht, wobei es ihm wie meist weniger um die aus den Reiseführern bekannten »Sehens­würdig­keiten« ging, sondern um Lichtspiele, Details und Strukturen. Wie zum Bei­spiel um die Streife­nmuster von Wellb­läch­dächern, die ihre zufällige Fortsetzung in den vor ihnen gelagerten Ruderbooten fanden:

graue Dächer, blaue Boote

Derlei Motive mag ich gern, wozu sollte ich auch ablichten, was in jedem Bildband schöner zu sehen ist, weil deren Fotografen im Gegensatz zu mir bei Sonnenauf- oder -untergang zur Stelle waren, mithin die spektakuläreren Lichtverhältnisse vorteilhaft zu nutzen wußten? Eben. Unsereiner guckt da lieber untertags in die weniger re­prä­sen­ta­tiven Ecken. Und was sieht man da? Genau, die gleichen Nischenbewohner wie in Fürth:

von ihrer fotografischen Festhaltung befremdete Taube

Weitere Motive verdanken sich dem Umstand, daß man im Frühling, der Vorsaison also, noch nicht soviele Touristen antrifft, die durch ihre schiere Präsenz den Blick auf das strukturell Festhaltenswerte verstellen. So ein Bild wie das folgende wäre an einem hochsaisonalen Sommerabend sicherlich nicht so einfach und ohne längere Wart­ezeit einzufangen:

verwaiste Stühle und Tische in einem Café an den Festungsmauern Vallettas

Natürlich zog es uns bald auch wieder zu jenen schönen Orten, an denen wir schon im Jahr zuvor Gefallen gefunden hatten. Beispielsweise zu den Upper Barrakka Gar­dens, von denen schon im zweiten Teil die Rede war. Der weite Panoramablick über den Hafen lockt Schaulustige in großer Zahl an, auch wenn der eine oder die andere die imponierende Umgebung lieber zum Abschweifen in innere oder imaginäre Welten nutzt:

ins Lesen vertiefte Besucherin der Upper Barrakka Gardens

Richten wir aber die Linse dann doch noch über die Mauern und hinunter ins Wasser, wo sich vom Faltboot bis zur ausgewachsenen Bohrinsel (!) Wasserfahrzeuge aller Ka­te­go­rien und Gewichts­klassen tummeln und sich beobachten lassen:

kleiner Kutter bei der Ausfahrt aus dem Hafen von Valletta

Ein paar Tage später entdeckte ich dann aber doch eine ganz neue Attraktion, von der ich schon auf dem Hinflug im Kundenmagazin der Air Malta gelesen hatte und die in nur wenigen Gehminuten vom Hotel aus zu erreichen war: Im »The Fortress Buil­ders Interpretation Centre« wird die Geschichte des Festungsbaus auf mul­ti­me­dia­le und didaktisch moderne Art und Weise erzählt und erläutert. Von den Anfängen der Verteidigungsbauten in frühgeschichtlicher Zeit spannt sich der Bogen über die regel­rechte Bauwut des Malteserordens bis hin zu den neuzeitlichen Bunkeranlagen der Briten im zweiten Weltkrieg.

Von den Exponaten verdienen die zahlreichen Modelle, die historischen Fotos und die großflächigen Bildtafeln besondere Erwähnung. Die Bildschirmstationen mit ani­mier­ten Präsentationen sind attraktiv gestaltet und verlocken zu stundenlanger Be­schäf­ti­gung damit: Der menschliche Erfindergeist war und ist in militärischen Belangen ja seit jeher am kreativsten. Auch klassische Architekturmodelle sind nach wie vor interessante Studienobjekte, erkennt man an ihnen doch die größeren Strukturen und Konzepte, die man – als kleiner Wicht vor den riesigen Originalmauern stehend – durch­aus beabsichtigterweise nicht wahrzunehmen imstande ist:

Holzmodell der Befestigungsanlagen Vallettas

In die Errichtung des Zentrums sind – wie bei vielen von uns besichtigten In­fra­struk­tur­maß­nah­men – beachtliche Menge an EU-Fördermitteln geflossen (genauer gesagt: stolze 85%), womit auch unsereins mit seinen Steuergeldern seinen kleinen Anteil am Ergebnis haben dürfte. Die deutsche (Mit-)Aufbauhilfe geht voll in Ordnung an­ge­sichts des Umstandes, daß die teutonische Luftwaffe vor 70 Jahren sehr wirkungsvoll und ungebetenerweise am Gegenteil mitgewirkt hat…

Leider haben zwischenzeitliche Wahlen und ein Regierungswechsel das schicke Zen­trum schon kurz nach seiner Eröffnung in eine prekäre Lage gebracht: Der Direktor hat Mühe, Druckerpatronen und andere Verbrauchsmaterialien zu finanzieren, seine wenigen wissenschaftlichen Mitarbeiter sitzen auf von daheim mitgebrachten Stüh­len. Cafeteria und Museumsshop existieren b.a.w. nur auf dem Papier, und für eine besucherzahlenfördernde Beschilderung im Außenbereich hat es auch nicht gereicht: Wie immer kommen die Mittel für den Bau aus anderen Töpfen als die für die Be­triebs­füh­rung und Instandhaltung, worauf ich später noch einmal zurückkommen wer­de. Für heute wenden wir uns kopfschüttelnd ab und linsen über die Schultern einer auf der obersten Terrasse an der Festungsmauer pausierenden Zentrums-Mit­ar­bei­terin hinüber nach Sliema:

Blick von Valletta nach Sliema

Tja. Hüben Festungswälle, drüben Bettenburgen. Solider ist allemal das alte Ge­mäu­er, schon wegen der Dicke seiner Wände. Dennoch fährt man mit dem Pa­ra­dig­men­wech­sel offenbar nicht schlecht: Während man die Invasoren früher erst mit Boll­wer­ken draußen und später mit Kanonen auf Distanz hielt, läßt man sie heute als zah­lende Gäste ins Land hinein und nimmt ihnen das Geld ab, ohne sich mit ihnen zu hauen. Eine klassische Win-Win-Situation!

Mit diesen philosophischen Betrachtungen verabschiedet sich der Autor für heute. In der nächsten Folge geht es raus aus der Hauptstadt, die Küste entlang. Allerlei merk­würdige Dinge gibt es nämlich auch da…

 
[1] Mit diesem uns kurzfristig angekündigten Service unseres Reiseveranstalters hatten wir gar nicht gerechnet: Aufgrund unserer ungewöhnlichen Reisebuchung mit Orts- und Hotelwechsel mittendrin waren wir davon ausgegangen, den »Zwischen­transfer« auf eigene Faust unternehmen zu müssen. Ein Hoch auf die örtliche Stadt­halterin von FTI-Touristik, Frau Borg!

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1000 Gründe, Fürth zu lieben (76)

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Trutzburg aus Hinterhäusern in der Marienstraße
 
Trutzburg aus Hinterhäusern in der Marienstraße
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Die Verkehrsinsel (14)

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Fragt man einheimische Malteser oder insulare Gastarbeiter nach gang­baren Fuß­wegen zur Küste oder gar nach Wanderrouten an derselben entlang, so erntet man zunächst Ratlosigkeit, dann aber gut gemeinte Ratschläge hinsichtlich der unbedingt anzuratenden Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel zum direkten Ansteuern des Ziel­ortes: Ausschreiten um des Ausschreitens willen scheint dort ein dermaßen abstruses Konzept zu sein, daß sich keiner vorstellen kann, warum man so etwas machen sollte. Unsereins wiederum war befremdet ob der geographischen Uninformiertheit mancher Leute, bei denen terra incognita schon einen Steinwurf abseits der Straße zu be­gin­nen scheint…

Aber egal: Vom (in der Tat per Bus angefahrenen) Städtchen Kalkara aus umquerten wir per pedes die Baustelle der futuristischen SmartCity (wo derzeit noch nix son­der­lich Smartes zu sehen ist), schlugen uns durch allerlei Gestrüpp und quasiöffentliche Feldwege durch nach Xgħajra und marschierten von da aus ein gutes Stück den Nordost-Zipfel Maltas entlang bis hinunter nach Marsaskala. Dabei kamen wir durch melancholisch stimmende Gegenden, die kaum je ein Tourist freiwillig aufsuchen dürfte. Was allerdings vielfach doch hingekommen war, waren EU-Fördermittel:

kilometerlange Strandpromenade ohne Promenierende

Das Bild steht prototypisch für die nicht-nachhaltige Verpulverung von öffentlichen Geldern durch Baumaßnahmen am Bedarf vorbei: breite Promenaden ohne pro­me­nie­ren­des Publikum, Bänke sonder Zahl ohne Sitzende, Infrastruktur aller Art ohne die dazugehörigen Nutzer. Und ohne eine Perspektive, denn nach der Errichtung findet offenbar eine bedarfsweise Instandsetzung nur selten und präventive Instandhaltung gar nicht statt. Was für teuer Geld errichtet wurde, ist also sogleich wieder dem Verfall preisgegeben, der ja in der salzhaltigen Meeresluft nicht lange auf sich warten läßt: Zäune verrosten, Bänke verwittern, Grünanlagen verkommen.

Während sich die zeitgenössische Bauwirtschaft also mit dem realsozialistischen DDR-Motto: »Wir bauen auf und reißen nieder, so haben wir Arbeit, immer wieder« ganz gut charakterisieren läßt, so wurde in den lange zurückliegenden Zeiten des mäch­ti­gen Malteserordens schon aus Gründen des Aufwands (die Zeche zahlten nicht andere und moderne Baumaschinen gab es auch nicht) weit nachhaltiger gedacht und umsichtiger konzipiert. Ein schönes Beispiel sind die zahlreichen aus dieser Zeit über­kom­me­nen Wachtürme, von denen aus man nahende Invasionsflotten frühzeitig ent­decken und schnurstracks weitermelden konnte:

alter Wachturm

Die Restaurierung dieser natürlich auch der Erosion unterliegenden, steinernen Zeit­zeugen mit Hilfe von EU-Fördermitteln geht natürlich in Ordnung, damit wird Ge­schichte plakativ und leicht faßlich erhalten und nicht wie in unserer heimischen »Denkmalstadt« mutwillig plattgemacht (was – soviel sei der Gerechtigkeit halber konzediert – selbstredend auch auf Malta in großem Stil passiert). Immerhin, den ver­schie­de­nen Elementen der maltesischen Befestigungsanlagen wird konservatorische Aufmerksamkeit zuteil, und das auch im kleineren Maßstab, wie dieses Modell im neulich schon erwähnten »Fortress Buil­ders Interpretation Centre« dokumentiert:

Schnittmodell eines Wachturms im Fortress Buil­ders Interpretation Centre

Man beachte die pragmatische Material-Mix-Bauweise: Wie die Bastionen und sonsti­gen großen Befestigungen auch bestehen die Türme zu großen Teilen aus Füll­ma­te­ri­al, welches zwischen die Innen- und Außenmauern verbracht und verdichtet wurde: Das spart nicht nur Bearbeitungsaufwand und Kosten, sondern steckt auch die Ener­gie einschlagender Kanonenkugeln besser (und leichter reparierbar) weg als durch­gän­gi­ge Massivbauweise…

Im 20. Jahrhundert bauten die Briten munter weiter, wenngleich natürlich angesichts der Fortschritte der Militärtechnik unter geänderten Prämissen: Während man mit immer großkalibrigeren Geschützen den auf dem Wasser sich nähernden Feind schon weit vor seiner Sichtbarkeit einen feurigen Empfang zu bereiten trachtete, baute man an möglichen Landungsstellen etliche MG-Bunker aus Stahlbeton, von denen aus eine vergleichsweise kleine Mannschaft eine zahlenmäßig überlegende Truppe unter Feuer nehmen und wirksam niederhalten konnte. Der eigenen Wehrlosigkeit gegen Angriffe mit schwerer Artillerie oder später gar aus der Luft versuchte man mit Tarnanstrichen zur weitgehenden Unsichtbarmachung zu begegnen:

britischer MG- und Beobachtungs-Bunker

Meiner Meinung nach sollte man die alten Bunker dauerhaft wieder mit (gerne von der EU subventionierten) Soldaten besetzen: Wenn die aus den Schießscharten spä­he­nden, jungen maltesischen Schützen die allgegenwärtigen Umweltfrevler (aus den Reihen der eigenen Bevölkerung) unter Be­schuß nähmen, hätten sowohl die fliegende Fauna als auch die Landschaft was davon, von der Schaffung sicherer Arbeitsplätze (mit Pensionsanspruch) ganz zu schweigen. Im Nu wäre Ruhe, herrschten Sauberkeit und Ordnung! Weil dergleichen radikale Ansätze natürlich schon aus wahltaktischen Gründen momentan noch als unrealistisch einzustufen sind, werden bis auf weiteres nach wie vor die Vögel abgeknallt und die Landschaft zugemüllt:

Müll in der Landschaft

Was angesichts der prinzipiell traumhaft schönen Umgebung kaum zu verstehen ist: Die flächendeckende Vermüllung des Lebensraumes geschieht ja nicht durch Fremde, sondern primär und zuvörderst durch die Einheimischen, die alles, was sie loswerden wollen, an Ort und Stelle liegen lassen. Oder sogar extra hinfahren: Wir haben an un­be­wohn­ten Küstenabschnitten wild entsorgte Herde, Kühlschränke und Kraftfahrzeuge gesehen, reich garniert mit unverrottbaren Kunststoffabfällen. Warum nur tut so ein Anblick nur dem Auswärtigen weh und nicht jenem, der sein eigenes Land so unnötig schändet?

Vielleicht hängt das ja mit der Bunker-Mentalität der Insulaner zusammen, die sich auch nach Jahrzehnten des Friedens immer noch gerne wehrhaft einkasteln und ihren Blick aufs Leben auf einen schmalen Tunnelblick verengen:

neues Haus im Rohbau

Nein, dieses Bild zeigt keine alte Wehrmauer, sondern den Rohbau eines neuen Wohn­hauses mit klar erkennbaren Scheuklappen. Wenn man so konsequent alles aus­blen­det, was einen stören könnte, dann kommt man natürlich leichteren Herzens durch Leben…

Genug räsoniert, es hilft ja doch nix. Schauen wir uns nochmal an der unbewohnten Küste um und werfen wir dort einen unauffälligen Blick auf die Feizeitbeschäftigung der älteren Generation: Während Opa auf einem gischtumspülten Felsen hockt und Fische aus dem Meer zu ziehen sucht, sitzt Oma im notdürftig beschatteten Kleinbus und strickt derweilen. Die mitgeführten Vierbeiner teilen den unaufgeregten Lebens­stil, dösen in der Sonne und lassen sich angesichts der fremden Wanderer noch nicht einmal zu einem lässigen »Wuff« herab.

strickendes Frauchen (im Fahrzeug), dösende Hundchen (davor)

So, wir nähern uns langsam dem Endpunkt unseres langen Marsches, der Touristen-Hochburg Marsaskala. Schon räkeln sich die ersten Miezen lasziv im Halbschatten der kunstvoll gestalteten (und selbstverständlich mit EU-Mitteln bezahlten) Bänke:

Katzen beim kollegialen Dösen

Cat content geht immer, wie der medienerfahrene zonebattler weiß. Obwohl er es ja an sich nicht nötig hat, seine Zugriffs-Statistiken durch derlei Tricks zu puschen. Freilich ist es mit dem öffentlichen Abbilden von Lebewesen so eine Sache: Bei zwei­bei­ni­gen Miezen kriegt man schon beim Fotografieren mitunter Unschönes an den Kopf geworfen (real oder verbal), außerdem kann das verletzte Recht am eigenen Bild noch Jahre später zur juristischen Stolperfalle werden. Ergo zeige ich in meinen vir­tu­el­len Wunderkammern nur dann (identifizierbare) Menschen, wenn diese sich mit mei­nem licht­bild­nerischen Ansinnen dezidiert einverstanden erklärt haben. Die be­pelz­ten Vierbeiner pfle­ge ich zu kraulen und ihr Schnurren als konkludente Zu­stim­mung zu werten. So einfach ist das.

Und damit lasse ich es für heute bewenden. Demächst geht es heiter weiter.

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Die Verkehrsinsel (15)

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Was nun wirklich faszinierend ist auf Malta, sind die steinernen Zeugen der Ge­schich­te, angefangen von den frühsteinzeitlichen Tempelanlagen über die auch ästhetisch bomba­sti­schen Festungsbauten des Johanniterordens bis hin zu den Wohn­sie­dlun­gen aus britischer Kolonialzeit. Auch wenn es hier und da und dort bröselt und Wind und Wetter ihre Nagezähne ohne Unterlaß wetzen, Malta ist ein Freilicht-Museum par excellence!

Hier standen wir in den Buskett Gardens, dem (einzigen!) Wald Maltas und er­späh­ten dort ein prunkvolles Wappen am Verdala Palace, dem offiziellen Sitz des Staats­ober­haup­tes und damit sozusagen das insulare Schloß Bellevue [1]:

Detail am Verdala Palace

Auch wenn wir in diesem unseren zweiten Malta-Urlaub darauf bedacht waren, uns bis dato unbekannte Ecken der Inseln zu erkunden, so zog es uns natürlich dennoch auf’s Neue in jene Orte, die wir schon im Vorjahr begeistert erforscht hatten. Wie z.B. in die alte Hauptstadt Mdina, in deren mittelalterlichen Gassen-Labyrinth man immer wieder gerne auf den Auslöser drückt:

in den Gassen von Mdina

An sonnig-heißen Tagen lernt man die schattigen Zufluchtsorte Mdinas zu schätzen und setzt sich gerne zu Kaffee und Kuchen in eines der Cafés an bzw. in der Stadtmauer, wo man überdies noch einen grandiosen Fernblick genießen kann…

Doch auch die weniger schattigen Sehenswürdigkeiten haben ihren Reiz, zumal die Temperaturen im späten Frühling und frühen Sommer durchaus noch gut aus­zu­hal­ten sind. Also sind wir natürlich auch heuer mit dem Bus ins Fischerstädtchen Marsaxlokk gefahren, um dort dem bunten Treiben zuzuschauen. Ganz besonders bunt sind dort bekanntermaßen die Fischerboote:

aufgebocktes Fischerboot in Marsaxlokk

Auch an Sonn- und Feiertagen kann man die Fischer beim Arbeiten beobachten, denn zu tun ist natürlich immer etwas: Netze müssen entheddert und geflickt, Motoren repariert und geschmiert, Betriebsstoffe geladen und verstaut werden. Vor allem aber müssen die vom Salzwasser und der Sonne maltraitierten Anstreiche regelmäßig erneuert werden, eine Arbeit, die mit Hingabe und in nachgerade kontemplativer Ver­senkung ausgeführt wird:

Fischer beim Anstreichen seines Kahns

Die Malteser kümmern sich nicht nur sorgsam und leidenschaftlich um ihre Kähne und Kutter (sowie um ihre Schrotflinten), sie haben auch ein Herz für Oldtimer auf Rädern: Immer wieder begegnet man tadellos restaurierten solchen, meist britischer Provenienz. Oftmals sind sie leider schon wieder weg, bevor man die Kamera in An­schlag bringen kann, aber einmal hatte ich Glück und konnte einen langsam da­hin­tuckern­den LKW geradezu mustergülig ablichten:

vortrefflich restaurierter alter Lastwagen

Von Marsaxlokk aus sind wir landeinwärts in Richtung Nordwesten gewandert, und wenn ich heute – zweieinhalb Monate später – diese Zeilen niederschreibe, so habe ich wieder die flirrende Luft vor Augen, das Summen der Insekten im Ohr, die vielfältigen Düfte in der Nase. Und natürlich die Bilder der Landschaft im Kopf, die ich im Interesse der Verdichtung gerne auf das Wesentliche zurechtschneide und von störendem Drumherum befreie:

Phalanx von Plastik-Tonnen auf einem Acker

Was in diesen Tonnen mal drin war, will man vermutlich gar nicht so genau wissen. Über allerlei dubiose Behältnisse am Rande landwirtschaftlicher Nutzflächen hatte ich mich ja schon im letzten Jahr befremdet gezeigt…

Nicht weniger befremdlich und auch etwas bedrohlich erscheinend, letztlich aber be­lu­sti­gend war ein paar Stunden später der lautstarke Empfang, den uns in einer winzig kleinen Siedlung am Rand des Flughafens von Malta ein paar vierbeinige Wächter der Hl. Mutter Gottes bereiteten:

kläffende Köter, einen Marienschrein bewachend

Wenn man gegen den Turbinenlärm startender Passagierjets ankläffen muß, muß man sich schon ordentlich ins Zeug legen. Immerhin konnten auch diese armen Schweine Köter ihren Posten nicht verlassen und uns nicht in die Waden beißen. So konnten wir unverseht zum Flugplatz weitertappen, an seinem Zaun entlang bis zum Terminal-Gebäude marschieren und dort dennächsten Bus Richtung Valletta nehmen…

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft liegen auf dem überschaubaren Inselreich recht nah beieinander, und es ist verblüffend, wie schnell man zu Fuß (!) von einer »Zeit­zone« zur nächsten gelangen kann. Springen wir zum Abschluß und zum Exempel noch schnell in die Zukunft und schauen uns eine unfertige Luxus-Wohnanlage an, die auf einem Hügel nördlich von Naxxar entsteht:

unfertige Luxus-Wohnungen

Wie so oft ließ der Zustand der Baustelle nicht erkennen, ob hier nur im Rahmen einer ausgedehnten Siesta pausiert wurde, oder ob die zu 85% fertiggestellte Wohn­anlage schon wieder dem bauträgerpleitebedingten Verfall preisgegeben ist [2]: Hier und da hörte man zwar eine Bohrmaschine oder eine Säge kreischen, aber ansonsten herrschte – mitten unter der Woche – Ruhe und Leere.

Leer sind nunmehr auch des Chronisten Hirn und Wampe, weshalb er sich jetzt in Rich­tung Küche und Kühlschrank verabschiedet. In der nächsten und letzten Folge seines Reise-Rapports läßt er es aber demnächst noch einmal so richtig krachen!

 
[1] Wenn der zonebattler sich nicht faulheitshalber um die vorbereitende Lektüre von Reiseführer und Wikipedia gedrückt gehabt hätte, dann hätte er vorher gewußt, daß der Präsidentenpalast der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und er hätte sich von seiner besseren Hälfte nicht bergauf bis zum verschlossenen Zaun treiben lassen müssen. Tja, so ereilte ihn die verdiente Strafe (wobei der Fußmarsch dorthin natür­lich trotzdem ein schöner solcher war)…

[2] Man sieht so vieles auf Malta und Gozo, was sich unseren teutonischen Denk­mustern nicht wirklich erschließt. Ist aber umgekehrt vermutlich genauso.

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La Biennale

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Impressionen von Venedig und der Kunst-Biennale 2013
 
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